Sonntag, 25. Juli 2010

Israel, Gaza und Deutschland

Der 31. Mai 2010 ist ein Tag in der israelischen Geschichte, der nicht gerade als ein Erfolg verbucht werden kann. Israelische Soldaten töteten bei dem – aus militärischer Sicht letztlich allerdings doch erfolgreichen - Versuch, die Seeblockade gegen Gaza aufrecht zu erhalten neun Provokateure, die sich als Friedensaktivisten getarnt hatten, die es aber ganz offensichtlich darauf abgesehen hatten, dem Ansehen Israels und seiner Armee Schaden zuzufügen. Dies ist gelungen, nicht nur, weil der Vorfall auch im Land selbst für kontroverse Debatten sorgte – Israel ist ein demokratisches Land, das solche Debatten zulässt, sondern auch, weil die Weltöffentlichkeit sich sofort und ohne Zögern auf die Seite der Initiatoren der „humanitären Schiffsflotte“ und der „armen unterdrückten Palästinenser“, denen hier vermeintlich geholfen werden sollte, schlug, ohne sich um die historischen Entwicklungen, die zu dieser neuerlichen Eskalation des Nahostkonflikts führten, Gedanken zu machen und ohne die Hintergründe zu bedenken. Immer wieder wird in der Öffentlichkeit ein Bild von Gaza gezeichnet, das suggeriert, die Bevölkerung leide Hunger und Durst und werde nicht medizinisch versorgt. Auch der Deutsche Bundestag schloss sich ungefragt der Verurteilung durch die Europäische Union an, die in einer zeitnahen Reaktion die sofortige Aufhebung der Blockade forderte – ohne allerdings konkrete Hilfsmaßnahmen anzubieten, die einen solchen Schritt ohne die Gefährdung der Sicherheit Israels möglich gemacht hätten. Der Schachzug des israelischen Außenministers Avigdor Liebermann, über dessen Ansichten man sicher geteilter Meinung sein kann, war genial: Er bot an, die Blockade komplett aufzuheben und Gaza den Europäern zu überlassen, wenn diese gewillt seien, die militärische Kontrolle zu übernehmen – mit ernsthaft dafür ausgerüsteten Streitkräften, die in der Lage wären, den Bedrohungen der Hamas angemessen Kontra zu bieten. Ein Angebot, das der deutsche Außenminister prompt als unakzeptabel weil einer Zweistaatenlösung abträglich bezeichnete. Zumindest verbot das Innenministerium die türkische Organisation IHH, die die Schiffe finanziert hatte und die in Deutschland Spenden für terroristische Zwecke sammelt. Das mag zwar in der Praxis nur begrenzte Auswirkungen auf den Geldfluss an die Hamas haben, es setzt aber zumindest ein eindeutiges politisches Zeichen. Die Lage in Israel ist schwierig und angespannt, und über die mangelnde Fantasie und die Blauäugigkeit mancher europäischer Aktivisten kann man sich nur wundern. Laut Zeitungsberichten erklärte Claudia Roth, "Wir sind absolut unzufrieden damit, dass sich die neue Bundesregierung jeder Nahostpolitik verweigert". Wie sie zu diesem Schluss kommt ist angesichts der allerdings undurchsichtigen aber vielfältigen Aktivitäten der deutschen Regierung unerklärlich. Auch ist zweifelhaft, ob die geforderte „neue Dynamik“ für die Menschen vor Ort wirklich hilfreich ist oder nicht zu weiterem unnötigem Blutvergießen führen wird. Die Forderung nach einem „Marshall-Plan für Gaza“ und einem Entschädigungsfonds für Flüchtlinge, den Deutschland mit finanzieren soll, ist allerdings unsinnig: im Laufe der Jahre sind Milliardenbeträge in undurchsichtigen Kanälen versickert und es gibt keine Grund dafür anzunehmen, dass eine Neuauflage des großzügigen finanziellen Engagements zu einer Besserung der humanitären Lage der Betroffenen beitragen wird. Derzeit scheint es so, als hätte Liebermann recht mit seiner These „Willst du Frieden, rüste zum Krieg“. Die Erfahrungen aus dem „Kalten Krieg“ zeigen zumindest, dass das eine durchaus erfolgreiche Option sein kann. Jedenfalls hat in diesem Kampf am Ende die Kraft der Freiheit den Sieg davon getragen. Friedlich, ohne Blutvergießen. Deutschland ist zu Recht darauf stolz, seinen Beitrag hierzu geleistet zu haben und gerade aus diesem Grunde sollte es sich tunlichst verkneifen, Israel die Legitimierung für sein konsequentes Handeln abzusprechen und seine militärische Stärke zu untergraben.
© Die Mahnung 8/9 2010

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